Die Compagnie de Comédie ist in Rostock eine Institution.
So manche Spielzeit auf Kante genäht.
Die Compagnie de Comédie ist in Rostock eine Institution. Heute wird sie 30. Jung genug um das halbe Hundert anzusteuern.
Stadthafen. Die Compagnie de Comédie ist in Rostock eine Institution. Heute wird sie 30 Jahre jung. Hier wird Metapher eingemauert: Selbst wenn die stabile Bühne 602 zusätzlich schamottiert würde, bräche sich das unnachahmliche Lachen der kleinen großen Theaterprinzipalin Martina Witte seine Bahn. Daran konnten vor fünf Jahren auch die ROhrSTOCK-Kabarettisten mit einer Stegreif-Performance nichts ändern: „Im Zuge weiterer Einsparungen muss sich Rostock von Bühnen trennen. 602 sind zu viele für die Stadt.“ Da ist was dran!
Und drin – weiterhin die Compagnie, die auf 30 Jahre zurückblickt. „Wir gönnen uns dazu die wohl schönste Liebesgeschichte der Weltliteratur: Romeo und Julia“, verrät Frau Witte. Ein Shakespeare-Klassiker mit großem Pomp im Klostergarten. Ein Muss für die Protagonisten. 30 Jahre Compagnie – das bedeutet enorme Fleißarbeit bei ewig begrenzten finanziellen Mitteln für die Kultur in dieser Stadt, deren Wertschätzung ein ganz anderes Kaliber vertrüge. Für das kleine Theater war manche Spielzeit auf Kante genäht. Aber die Compagnie schreibt seit 1991 permanent an ihrer künstlerischen Reputation.
Damals gründete Martina Witte mit Joachim Lemke und Holger Schulze die Compagnie de Comédie. „Über eine ABM bekamen wir einen Vertrag mit der Hansestadt als Träger und konzipierten zunächst nur ein Sommerprojekt“, erzählt Frau Witte. Im Juli 1991 kam im Klostergarten zum Heiligen Kreuz Antophanes’ „Eirene – der Frieden“ zur Aufführung. Dann ging das Theater auf Tingeltour. „Viel unterwegs, in jedem Dorf“, versichert Martina Witte. Stücke nah am Publikum, Komödien mit Tiefgang. 1993 honorierte die Hansestadt Rostock das Engagement mit dem Kulturpreis.
Als sich die Compagnie 1996 im ehemaligen Haus der Freundschaft niederließ, da kündete der morbide Charme der Immobilie von einer ungewissen Zukunft. „Sie war in einem erbärmlichen Zustand, für Künstler und Publikum unzumutbar“, erinnert sich die Prinzipalin, die hartnäckig beim damaligen Ministerpräsidenten Harald Ringstorff für den Bau der Bühne 602 insistierte. Im Jahr 2000 zog die Compagnie in die neue Spielstätte im Stadthafen. Die Hausherrin verfügte über Künstler, die mit Begeisterung ihrer Bestimmung nachgingen. Etwa die Compagnie-Urgesteine Georg Haufler, Lutz Wesolek, Friedemann Wikarski oder Monika Boysen. Im Haus hielten die Kreativen Einzug: Expositionen im Foyer, das zirzensische Spiel auf der Bühne, eingefangenes Publikum, eine Intimsphäre wie unter einer Glocke. Gänsehaut. Der unvergessene Friedemann Wikarski brillierte 2003 in einem Monolog zu „Klamms Krieg“. Cathrin Bürger und Georg Haufler überzeugten 2011 in „Casanova auf Schloss Dux“. Die Compagnie traut sich an alles. Ihre Loriot-Programme waren Legion, die Komödien strahlen genauso im Rampenlicht wie die Soloparts. Die großartige Sonja Hilberger im Stück „Unwiderstehlich“, die Grande Dame Gabriele Schwabe, die bravouröse Katja Klemt. Das Pärchen Bürger & Gorr nicht aus der Schublade, sondern aus der Schatulle.
Jedes Jahr wagt sich die Compagnie mit einer Freiluftbespielung in den Klostergarten für großes Gelage: Moliere, Shakespeare. „Deren Texte kriegt man schwer in die Schnauze“, seufzte Friedemann Wikarski das Schauspieler-Los. Als Regisseur der Shakespeare-Komödien lud Manfred Gorr den Mimen gleich mehrere Rollen auf. Was für Flexibilität sprach: „Ich kann, falls es darauf ankommt, auch eine bildhübsche Prinzessin spielen“, erklärte Georg Haufler. 2011 empfing Martina Witte für die Compagnie vom Ministerpräsidenten Erwin Sellering den Kulturförderpreis des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Wie das wohl weitergeht? Das Energiebündel Witte ist noch voller Pläne. Eine Avantgardistin wider die Schwierigkeiten. Das Lachen hat sie nicht verloren.