DER MESSIAS
Ostsee-Zeitung, 28.11.2022 Thorsten Czarkowski
Erleuchtet und verwirrt
In der Rostocker Bühne 602 feierte die Weihnachtskomödie „Der Messias“ Premiere.
Die Inszenierung ist Teil eines umfangreichen Angebots der Spielstätte im Advent.
Rostock. Es ist eine Weihnachtsgeschichte der anderen Art. Die Komödie „Der Messias“, die am Sonnabend in der Bühne 602 in Rostock Premiere hatte, wird darstellerisch erzählt von Theo (Peer Roggendorf) und Bernhard (Marcus Möller), später verstärkt durch Frau Timm (Aukse Petroni). Diese drei Schauspieler stellen das komplette Personal in dieser Inszenierung dar – Josef und Maria, die Heiligen Drei Könige, verschiedene Hirten, König Herodes, Erzengel Gabriel und noch einige mehr. Zahlreiche Rollenwechsel sind im Laufe der Handlung also programmiert.
Zugrunde liegen Motive des Matthäus-Evangeliums, munter geht es durch den Stoff, der nicht nur Ereignisse rund um die Geburt Jesu thematisiert. Dazu kommt auch das, was die Unterhaltungskunst in den letzten rund 150 Jahren aus diesen Überlieferungen gemacht hat. Auch daraus bedient sich dieses Stück.
Der Text der Komödie wurde verfasst vom britischen Schauspieler und Autor Patrick Barlow, die deutsche Fassung stammt von Volker Ludwig und Ulrike Hofmann. In Rostock inszenierte Angelika Zacek, für die Ausstattung war Birgit Schöne zuständig.
Auf der Bühne müssen also drei Darsteller alles tragen. Und – das ist Teil der Handlung – es wird auch ein bisschen selbstreferenziell, was den Schauspielerberuf angeht. Immer wieder brechen Theo und Bernhard aus ihren Rollen aus und geben sich gegenseitig Regieanweisungen. Da müssen Pannen auf der Bühne bewältigt oder Zwistigkeiten unter den Darstellern geklärt werden.
Improvisationen sind auch nötig, wenn zum Beispiel offensichtliche Mängel in der Requisite den Handlungsfluss stoppen. Schon damit haben Theo und Bernhard gut zu tun, dann sind da auch noch die vielen Rollen. Und die beiden männlichen Darsteller beurteilen Frau Timm eher als unbegabten Opernstar, was natürlich nicht stimmt.
Denn Sängerin Aukse Petroni veredelt als Frau Timm dieses Stück nicht nur gesanglich, sondern hebt es auch aus dem Status einer Bühnenklamotte heraus, dazu versprüht die Dame etwas Glamour.
Aukse Petronis Gesangseinlagen bringen sogar die oft vermisste weihnachtliche Stimmung hinein, wenn zum Beispiel ein erhabenes Weihnachtslied wie „Maria durch ein Dornwald ging“ erklingt.
Aber es ist ja eine Komödie, die von der unbefleckten Empfängnis und über die Geburt Jesu auch einiges Nebensächliche erzählt.
Das ergibt ein zwar turbulentes, aber auch nicht durchgängig konsistentes Stück. Es erfordert allerdings über zwei Stunden von allen Beteiligten hohe Konzentration. Da ist viel Slapstick im Spiel, auch Albernheit. Hier wechseln sich Erhabenheit und Nonsens immer wieder ab. Wenn etwas fehlt, dann ist es der nötige Ernst – aber genau das ist wohl der Ansatz.
Wer mag, der kann auch Elemente aus dem Schaffen der britischen
Comedytruppe „Monty Python“ er- kennen. Es drängen sich in einigen Momenten Vergleiche zum Filmklassiker „Das Leben des Brian“ von 1979 auf, der eine ähnliche Geschichte auf eine spaßige Weise erzählt.
So viel Slapstick ist vielleicht nicht jedermanns Geschmack. Und ein richtiger roter Faden wurde erst gar nicht gestrickt. „Der Messias“ ist eine Abfolge von skurrilen Situationen, was das Stück aber auch so überraschungsreich macht. Denn jeder Zuschauer weiß wohl, wie die Geschichte mit Josef und Maria aus- geht. Und was Glaubensfragen an- geht, so gipfelt dieses Thema auf der Bühne in folgender Aussage: „Erleuchtung ist das höchste Stadium der Verwirrung“. So kann man die Sache auch sehen!
In der Bühne 602, wo die Compagnie de Comédie ihren Sitz hat, gibt’s in der Adventszeit einiges zu
sehen. Eingebettet ist „Der Messias“ in ein umfangreiches Advents- Angebot. Derzeit laufen vormittags die Vorstellungen des Kinder-Weihnachtsstücks „Der Froschkönig“, an den Wochenenden finden die Aufführungen auch um 15 Uhr statt. Am 3. Dezember ist das Kabarett- Ensemble Weltkritik mit „Weih- nachten – Ein alter Sack bringt’s noch“ zu Gast. Außerdem ist die traditionelle Weihnachtsgeschichte nach Charles Dickens im Programm der Bühne 602, beginnend am 3. Dezember.
Angesetzt waren für den „Messias“ gleich zwei Premieren – eine fand am Donnerstag statt und eine weitere am Sonnabend. Das Stück wird nun eine Weile im Programm bleiben. Nicht nur Martina Witte, Leiterin der Bühne 602, freute sich darüber, dass die lange geplante Inszenierung nun endlich auf die Bühne kam.